Die nächste Generation Digitaler Therapeutika
Branchenberichte konnten in der Vergangenheit Jahr für Jahr neue Rekordhochs bei den weltweiten Investitionen von Venture Capitalists, Business Angels und Family Offices in Digital Health Unternehmen verkünden. In Deutschland hat die Einführung des DVG (Digitale-Versorgung-Gesetz) nicht nur zur Etablierung von DTx (Digitale Therapeutika) im Gesundheitssystem beigetragen und dem deutschen Markt sowie deutschen Herstellern viel internationale Aufmerksamkeit verschafft, sondern auch nochmal einen sprunghaften Investitionszuwachs im Jahr 2021 ausgelöst. Die aktuelle ökonomische Situation hat jedoch dazu geführt, dass Funding in der Branche in Deutschland und weltweit neu allokiert wurde. Marktstudien zeigen einen deutlichen Investitions-Rückgang im vergangenen Jahr, Investor:innen sind insgesamt weniger Risiken eingegangen, haben weniger late-stage deals abgeschlossen und weniger in sehr hoch bewertete Startups investiert. In Deutschland kommt eine gewisse Ernüchterung bei Unternehmen und Investor:innen über das Erlösmodell „DiGA“ bzw. „Kassenverschreibung“ hinzu. Das DiGA-System zeigt limitierende Faktoren für die Weiterentwicklung von DTx und hat bereits erste Unternehmen in wirtschaftliche Schwierigkeiten gebracht.
Grundsätzlich lässt sich eine neue Ernsthaftigkeit in der Branche erkennen – vor allem in den Bereichen Chronische Erkrankungen und Krebs.
Welche Konsequenzen sollten dieser Entwicklung folgen? Auf der wirtschaftlichen Seite bieten sich Erlösmodelle außerhalb des DiGA-Systems – beispielsweise durch Kooperationen direkt mit Krankenkassen, Pharma-Unternehmen oder weiteren Akteuren der Gesundheitswelt. Die internationale Skalierbarkeit Digitaler Therapeutika rückt dabei mehr und mehr in den Fokus. Aber vor allem steht die Branche jetzt an der Schwelle, ihre Produkte zur nächsten Generation DTx weiterzuentwickeln. Investor:innen nehmen die Unterschiede zwischen Lifestyle-Apps und digitalen Medizinprodukten stärker wahr und machen besonders in den Bereichen Chronische Erkrankungen und Krebs das therapeutische Potenzial von digitalen Anwendungen immer häufiger zu einem entscheidenden Kriterium für Investitionen.
Bedeutung für Unternehmen
Als Hersteller der medizinisch-validierten Mika-App für alle Krebsarten haben wir uns 2022 bewusst für einen Ausstieg aus dem DiGA-System entschieden. Aber wir haben bereits vor Einführung des DVG konsequent darauf gesetzt, unser Produkt nach höchsten Standards der Regulatorik und klinischen Evidenz zu entwickeln bzw. klinische Studien durchzuführen. Ich bin davon überzeugt, dass die Unterscheidbarkeit zu “Lifestyle-Apps” und Grad der Technologisierung für die Zukunftsfähigkeit von DTx entscheidend sind. Der Shift von DTx der Generation 1 zur Generation 2 ist gekennzeichnet von: Personalisierbarkeit und Machine Learning im Gegensatz zu One-fits-all und digitalisierten Lehrbüchern/Patientenleitlinien. Digitale Therapien sollten Patient:innen stärker einbeziehen, zu einem aktiven Beitrag in der Therapie motivieren und ihr Verständnis für Selbst-Monitoring trainieren. Das ist nicht nur Voraussetzung für die bestmöglichen Therapieergebnisse, sondern hat erwiesenermaßen auch einen Einfluss auf die Kosten der Versorgung.
Die Messbarkeit des therapeutischen Erfolgs wird sich zum Beispiel in der Onkologie von Quality of Life-Aspekten, die von Patienten self-reported mittels ePRO erhoben werden, hin zur Messung des Therapieerfolgs mittels bekannten Skalen wie Remissionsraten, Gesamtüberlebensraten oder auch durch die Veränderung von Biomarkern verlagern und so die tatsächliche Krankheitsentwicklung widerspiegeln. Es gibt also einen Paradigmenwechsel von “primär Begleitung” zu “Outcome”.
Digital Health Unternehmen, die ihre Produkte dementsprechend weiterentwickeln und precision medicine bzw. personalisierte Versorgung in die digitale Welt übertragen, werden auch in Zukunft für Investor:innen interessant sein. Das hat sich gerade kürzlich im Juni auf einer der weltweit größten Tech-Messen, der VivaTech 2023 in Paris, bestätigt. Im Rahmen des French German Tech Lab haben Investment-Experten Mika bei einer Pitch Competition als Sieger ausgezeichnet. Wir sehen die Verleihung des Awards „Most Promising Startup“ im Bereich Health als Anerkennung und Motivation, Mika technisch und therapeutisch in genau diese Richtung stetig weiterzuentwickeln.
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