
Deutscher Marktzugang für Dein MedTech: So gelingt es
Deutschland gilt als Europagrößte Gesundheitsmarkt: Durch sein universales Versicherungssystem verfügt es über ein breites Volumen an finanzierten Gesundheitsleistungen. So kann ein Medizinprodukteanbieter allein mit dem Zugang in die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) gleich 88% der deutschen Bevölkerung gewinnen. Die meisten deutschen MedTech-Gründer investieren mehr als 2 Jahre und über 150.000 € in Forschung und Regulatorik, bevor sie die Erstattungsstrategie planen. Was passiert dennoch, wenn die gewonnene Evidenz nicht die Anforderungen für die Kostenerstattung oder -förderung erfüllt?
In Deutschland kommen für verschiedene medizinische Leistungen, also auch für verschiedene MedTech Produkte, bestimmte Marktzugangswege in Frage. Jeder Weg hat einen klar definierten Prozess mit abweichenden Anforderungen an Qualität und Evidenz. Sind diese zum Zeitpunkt des gewünschten Markteintrittes nicht erfüllt, ist der Marktzugang gehindert. So gehen wertvolle Zeit und Kapital verloren. Gleichfalls müssen Leistungsanbieter mit stark limitierten Budget-Restriktionen arbeiten. Vor allem Krankenhäuser stecken im Rahmen der durchzusetzenden Krankenhausreform aktuell in wirtschaftlicher Unsicherheit. Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen müssen stets auf die Kosten achten, da Innovationen in der Regel teurer sind als etablierte Behandlungsmethoden. Investitionen können hier nur dann getragen werden, wenn sie neben einem klinischen auch einen ökonomischen Vorteil zeigen können. Die größte Markthürde für MedTech-Innovatoren in Deutschland ist deshalb nicht wissenschaftlich, sondern wirtschaftlich: Für eine erfolgreiche Markteinführung ist die finanzielle Tragbarkeit für Leistungsanbieter und Patienten neben der klinische Produktqualität entscheidend.
Warum eine frühe Marktzugangsstrategie entscheidend ist
Diese Markthürde kann überwindet werden, indem MedTech-Innovatoren sowohl die klinische Wertschöpfung als auch frühzeitig eine klare Marktzugangsstrategie entwickeln, die sowohl die klinische als auch die Finanzierung und Kostenerstattung ihrer Technologie berücksichtigt. Dabei geht der Marktzugang weit über die regulatorische Zulassung hinaus. Integration in dem Gesundheitssystem erfolgt nur über die Erstattungsfähigkeit, entschieden durch die verschiedenen Akteure der Selbstverwaltung - u.a. der Gemeinsame Bundesausschuss für die Bewertung neuer Methoden sowie neuer hochinvasiven Technologien einer hohen Risikoklasse, das InEK für die Finanzierung von Krankenhausinnovationen, der GKV Spitzenverband für die Erstattung von Hilfsmitteln und letzteren die Landesverbände der einzelnen Krankenkassen. Abhängig vom Produkt, dem aktuellen Versorgungsstandard und dem relevanten Stakeholder gelten unterschiedliche Qualitäts- und Evidenzstandards für den Marktzugang, die ein MedTech-Anbieter nachzuweisen hat. Dabei variiert der Spielraum der erforderlichen Investition massiv. So gibt es für MedTech-Anbieter kein „One Size Fits All“ - die gezielte Marktzugangsstrategie diktiert auch Teil der wissenschaftlichen Strategie. Die frühe Ausarbeitung der kommerziellen Marktstrate
gie liefert Medtech Innovatoren nicht nur wichtige Einblicke in die benötigten Ressourcen, sondern spart langfristig auch Zeit und Kapital.
Dabei können 4 Schritten gefolgt werden:
1. Identifiziere mögliche Marktzugangswege
Es ist entscheidend, die Erstattungswege frühzeitig - idealerweise schon vor CE-Kennzeichen - zu identifizieren und die passende Strategie zu entwickeln, um Zugang zur GKV und anderen relevanten Finanzierungsmöglichkeiten zu erhalten. Je nach Produkttyp, Anwender und Versorgungssektor lassen sich klare Erstattungs- und Finanzierungswege für Medizinprodukte identifizieren. So kann zum Beispiel eine KI-Software zur Diabetes-Therapie als DiGA oder durch Selektivverträge erstattet werden wenn sie für die Patientenanwendung bestimmt ist; aber wird durch DRG und Krankenhausbudget finanziert wenn sie als klinische Anwendung gedacht ist.
2. Verstehe den aktuellen Versorgungsstandard
Wie wird aktuell die spezifische Patientenpopulation behandelt und wo positioniert sich Deine Medtech-Innovation? Wird der Patientenpfad bzw. die Prozedur durch das neue Produkt maßgeblich verändert - etwa durch ein bisher unbekanntes Wirkmechanismus - so kann womöglich eine neue Kodierung mit zusätzlicher Kostenerstattung beantragt werden. Schrittinnovationen hingegen werden oft wie der aktuelle Versorgungsstandard vergütet. Durch Festlegung der Positionierung im Vergleich zur aktuellen Versorgung kann gleich das Marktpotenzial quantifiziert werden.
3. Quantifiziere deinen ökonomischen Mehrwert
Selbst wenn ein Medizinprodukt keine zusätzliche Vergütung im jeweiligen Leistungskatalog bekommt, kann sich die Einführung für die Anwender dennoch ökonomisch rentieren. Gesundheitsökonomische Vorteile wie die Einsparung von Betten und Pflegeminuten müssen quantifiziert werden, um den wahren Mehrwert einer Innovation an den Kunden zu kommunizieren. Schließlich führt die Akzeptanz von Key Opinion Leaders zur Einführung in die klinische Praxis.
4. Umsetzung der Marktzugangsstrategie
Die zahlenbasierte Marktanalyse erlaubt - in Hinblick auf Ressourcen und Evidenzlage - die Abwägung einer geeigneten Marktzugangsstrategie. Dies überzeugt auch Investoren, denn das Medtech-Produkt ist somit nicht nur technologisch innovativ, sondern auch kommerziell tragfähig. Marktzugangswege werden in der Praxis oft nacheinander implementiert, sobald die erforderliche Evidenz generiert wird.
Von praxisorientierter Market Access Intelligence profitieren
Der Schlüssel zum erfolgreichen Marktzugang liegt in der praktischen Anwendung von Wissen. Medtech-Innovatoren sollen agil bleiben, und deren Strategie erst nach Abstimmung mit Experten und Stakeholders festlegen. Intelligence zum Marktzugang in Deutschland ist selbst bei begrenztem Kapital verfügbar. Fallbasierte Ressourcen wie die i-h Academy von inspiring-health können helfen, Erstattungswege je Anwendungsfall in einem ersten Schritt abzuwägen. Medtech-Netzwerke wie das CUBEX ONE in Mannheim oder Berlin Partners in Berlin erleichtern den Kontakt zu Experten, Distributoren und Anwendern. In einigen Fällen ist es zudem möglich, durch sogenannte frühe Beratungen mit dem G-BA oder dem GKV-Spitzenverband unverbindliche Auskünfte zu Erstattung und Evidenzanforderungen zu bekommen, worauf klinische Studien und Erstattungsstrategie angepasst werden können. Hierbei lohnt sich die Begleitung eines Market Access Experten, um gezielte wissenschaftliche und erstattungstechnische Auskünfte aus der Beratung zu erzielen.
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