ChatGPT unter dem Aspekt der Regulation auf europäischer Ebene
ChatGPT - nur ein Hype oder eine Zeitenwende?
Innerhalb kürzester Zeit wurde und wird dieses KI-Tool von nahezu 100 Millionen Nutzern eingesetzt. Eine rasante Entwicklung und ein echter Change, da dadurch Dinge möglich geworden sind bzw. werden, die sonst nur der menschlichen Intelligenz wie z.B. Texte formulieren vorbehalten waren.
Und was macht Europa? Europa diskutiert über den AI-Act, auf deutsch: KI-Verordnung, und will diesen aufgrund von ChatGPTweiterentwickeln bzw. diese Fälle mit einschließen. Der AI-Act soll in 2024 in Kraft treten, verzögert sich aber immer weiter, gerade weil aufgrund der rasanten Neuentwicklungen immer wieder nachgebessert wird.
Ist dieser AI-Act zur Regulation des Einsatzes von KI förderlich oder verhindert er eine gute Position der Europäer im internationalen Vergleich? Regulation versus regelungsfreier Raum?
Der AI-Act soll übergreifend alle Eventualitäten regeln, und zwar in allen Wirtschaftszweigen. Geht das überhaupt? Oder müsste auf jeden Sachverhalt individuell geschaut werden? Könnte dies innovationsfeindlich sein? Innovation braucht Freiraum, um sich zu entwickeln. Wenn alles schon im Vorfeld geregelt wird, bleibt wenig Raum für Entwicklung und Innovation.
Der Ruf nach Regulation ist aus juristischer Sicht mehr als verständlich. Regulation verhindert Missbrauch, schützt Verbraucher, gibt Klarheit und damit Rechtssicherheit.
Aber kann eine Regulation ex ante gerade bei Innovationen mit rasanter Entwicklungsschnelligkeit wirklich gelingen? Die Schwierigkeiten wurden gerade am Beispiel von ChatGPT offenbar. Dieser Anwendungsbereich war vom Entwurf der KI-Verordnung nicht erfasst, so dass es für diesen Fall keine Regelung gibt. Eine Lücke tat sich auf, die nunmehr durch Erweiterung der KI-Verordnung geschlossen werden soll. Waspassiert, wenn weitere KI-Technologien entwickelt werden, wovon auszugehen ist, die dann von der Verordnung nicht erfasst sind?
Könnte es da nicht vorzugswürdig sein zunächst erst einmal auf bestehendes Recht zurückzugreifen? Das ist schwierig, da existierende Normen zum Teil schon über 40 Jahre alt und dementsprechend nicht mehr zeitgemäß sind. Zudem weisen die Mitgliedstaaten der EU sehr unterschiedliche Regelungen auf und es fehlt damit an Homogenität. Allein aus diesen Gründen braucht es eine Regelung auf EU-Ebene. Vorzugswürdiger könnte es sein Handlungskorridore zu schaffen, innerhalb derer sich neue KI-Entwicklungen verhalten müssen. Der Vorteil könnte darin liegen, dass dann eine Auslegung des Rechts ermöglicht wird, was einen gewissen Handlungsspielraum angepasst an eine neue Situation ermöglicht und den Zeitgeist mit berücksichtigen kann. Denn dieser Zeitgeist verändert sich in diesen disruptiven Zeiten manchmal genauso schnell wie die technischen Entwicklungen.
Dies wäre sehr viel innovationsfreudlicher als gleich ex ante alles streng durchzuregulieren, was dann manches nicht mehr ermöglichen würde und damit gegebenenfalls Innovationen gleich im Keime ersticken könnte.
Dies auch unter dem Aspekt, dass nicht alles fachübergreifend wie z. B. das Gesundheitswesen gleichermaßen der Automobilindustrie zu regeln ist. Das eine Segment benötigt eine andere Regulation als das andere Segment.
Mehr Freiheit fördert mehr Verantwortung, nicht umgekehrt. Wenn alles geregelt werden soll, bleiben dennoch ungeregelte Bereiche, da disruptive schnelle Innovationen viel zu schnell für das Recht sind. Dies würde sich permanent überholen und müsste neu geregelt werden. Hier ist ein Handlungskorridor zu eröffnen und zu bevorzugen, um sich nicht mögliche Chancen bereits im Vorfeld abzuschneiden.
Wir sollten gerade jetzt alles dafür tun diese Innovationen hier in Europa zu halten und die Balance zwischen Regulation und Freiheit zu finden. Eine Überregulation wäre kontraproduktiv, denn dann finden die Entwicklungen außerhalb Europas statt. Ein gutes Stück Vertrauen in unser europäisches Wertesystem mit der Fähigkeit der Bevölkerung zum verantwortungsvollen Handeln könnte Europa gut zu Gesicht stehen.
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