ChatGPT aus ökonomischer Sicht
Es ist schon alles darüber gesagt worden, nur noch nicht von jedem. Eine Revolution, wie die Erfindung der Dampfmaschine, wie die Erfindung des Internets und überhaupt der iPhone-Moment für unsere Wirtschaft. Was zeichnet den Menschen als Mensch überhaupt noch aus? Dieser Text ist selbst geschrieben, ohne ChatGPT – das kann das Programm (noch) nicht.
Vorneweg: eines ist zumindest völlig klar. Es gibt derzeit viel mehr Fragen als Antworten und alle stochern derzeit im Nebel. ChatGPT ist ein Thema, das langsam im gesellschaftlichen Diskurs ausreift – aber haben wir überhaupt die Kompetenzen abzusehen, was da auf uns zukommt? Schließlich hat man vor rund 10 Jahren prognostiziert, dass uns die Roboter die Arbeitsplätze wegnehmen. Stattdessen haben wir heute nicht genug Roboter, um dem Fachkräftemangel zu entgegnen. Der mittelmäßige Journalist bangt um seinen Job, die Start-ups streichen KI aus ihren Pitch Desks, weil es selbst für diese derzeit zu viel Buzzwording ist und ich als Hochschullehrer stelle mir mit Kollegen Fragen über sinnvolle zukünftige Prüfungsformen. Wir haben aber auch Fakten auf dem Tisch: ChatGPT wird nicht mehr weggehen, wie es damals auch beim Internet einige dachten.
Emotional wird es bei der Rolle des Menschen in der Zukunft. Was macht den Menschen überhaupt noch aus und welche Skills sind morgen gefragt? Jetzt sei die Wissensarbeit dran weg disruptiert zu werden, hat Sebastian Matthes bereits im Editorial bei einer der letzten Handelsblatt Ausgaben über ChatGPT geschrieben. Wo endet der Mensch und wo beginnt die Maschine (vice versa). Darf im sozialen und rechtlichen Kontext nur ein Mensch über einen Menschen urteilen? Auch der Faktor Mensch ist nicht immer perfekt, sondern hat Schwachstellen - nicht alle Menschen sind emphatisch, nicht frei von Urteilen, ein Mensch hat Eigeninteresse, Machtstreben, Müdigkeit. Wie sieht es mit der Empathie als Domäne des Menschen aus? Auch hier gibt es mittlerweile genug Beispiele wie Emotionalität durch eine KI gespiegelt werden kann. Denn diese digitalen Systeme äffen uns Menschen nach und verhielten sich wie ein Spiegel. Hier ist die Rede von „metaphysischen Zombies, so wie es Tina Kluewer – Director AI bei K.I.E.Z. - nennt. Und zum Schluss eine Erkenntnis: auch Menschen greifen bei ihrer Empathie auf vorher Erlerntes zurück.
Und es gibt viele weitere Fragen. ChatGPT kann hinter Paywalls schauen, was passiert mit Lizenzen? Was mit Urheberschutz? Was mit dem Copyright? Verliert der Mensch die Fähigkeit Texte zu schreiben? Es gibt derzeit keine Antworten auf diese Fragen. Eine Fähigkeit für die Zukunft wird allerdings sein: Kreativität, Konfliktfähigkeit und neue Zusammenhänge zu sehen. Und damit stellt sich die Frage, wie das Set an Future Skills aussehen mag.
Wie genau die Infrastruktur für Intelligenz aussehen wird, das wissen wir derzeit auch noch nicht. Noch nicht einmal, was (menschliche) Intelligenz überhaupt ist. Wir wissen allerdings, dass Intelligenz Vorsprung schafft und Vorsprung wiederum Intelligenz. In diesem Zusammenhang kann man vom Begriff „Flywheel“ sprechen. Damit ist eine Geschäftsstrategie beschrieben, die durch kontinuierliches Wachstum und Erfolg eine immer größere Wirkung erzielt. Dieses Konzept basiert auf der Idee, dass eine anfängliche Investition zu einem langsamen Wachstum führen kann, das sich jedoch im Laufe der Zeit beschleunigt und schließlich ein exponentielles Wachstum erreicht, wenn das Flywheel immer schneller rotiert. Ein typisches Beispiel dafür ist das Wachstum von Unternehmen wie Amazon oder Google. Und auch Deutschland wacht langsam auf und überlegt, welche Rolle der Unternehmer im Einzelnen und das Land als Ganzes einnehmen wird.
Eine Entwicklung und Bereitstellung derartiger Tools kostet allerdings Millionen und das können insbesondere nur große Player leisten, sagt Dr. Stefan Ebener von Google. Man muss derartige Technologien nicht unbedingt selbst entwickeln, nur dann war es das mit der Souveränität und man macht sich von Übersee oder anderen Regionen in einem zunehmend global politisch dynamischen Umfeld abhängig. Wir haben eine große Gefahr für den Standort Deutschland: Das Land ist Weltmeister im herunterregulieren. Ein Risiko besteht sicher darin, dass wir uns selbst ausbremsen bevor es überhaupt losgeht und aus Angst vor Risiken wie Haftung und anderen rechtlichen Unklarheiten in eine Schockstarre verfallen - und das Feld wie bei anderen exponentiellen Technologien anderen überlassen.
Zwischenfazit: Im Kern geht es bei dem Einsatz von ChatGPT um Effizienzsteigerung. KI ist ein Werkzeug, mehr nicht. Die Angst vor einem weißen Blatt muss heute zumindest keiner mehr haben.
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