Psychotherapie und KI
Auch für die Psychotherapie bedeuten KI-basierte Technologien ein Novum und bieten bisher nicht dagewesene Chancen. Bedeutsam ist dies insbesondere unter dem Aspekt der gestiegenen Bedarfe im Bereich der Psychotherapie und der langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz. Psychische Themen bedürfen einer schnellen Hilfe und nicht erst nach Zeitplan in vielleicht drei bis neun Monaten (oder länger), was der momentanen Versorgungsrealität entspricht.
Gerade hier kann die KI-gestützte Psychotherapie ansetzen, je nachdem welche Technologien und Ansätze verwendet werden.
Insbesondere in der Verhaltenstherapie bestehen einige Möglichkeiten, die den Patient:innen Übungen, Erinnerungen, Strukturen und Selbsthilfe-Tools zur Verfügung stellen und damit schon einmal eine Basis setzen, auf die in den Therapiesitzungen zwischen Therapeut:innenund Patient:innen aufgebaut werden könnte.
Hierzu seien exemplarisch die Folgenden aufgezeigt:
Chatbot-Therapie: Ein KI-Chatbot könnte als "Therapeut:in" fungieren und mit Patient:Innen interagieren, um ihnen zu helfen, ihre Gedanken und Gefühle zu reflektieren. Der Chatbot könnte in der Lage sein, eine Vielzahl von Fragen zu stellen, auf Basis der Antworten der Patient:innenweitergehende Fragen stellen und empathische Antworten geben.
Virtuelle Realität (VR)-Therapie: Die Kombination von KI und VR könnte es ermöglichen, realitätsnahe Erfahrungen für den Patienten zu schaffen, die in einer sicheren und kontrollierten Umgebung stattfinden. Beispielsweise könnte eine VR-Situation kreiert werden, in der ein Patient seine Ängste oder Phobien bewältigt.
Datenanalyse und –vorhersage: KI könnte eingesetzt werden, um große Mengen von Patientendaten zu analysieren und vorherzusagen, welche Art von Therapie oder Intervention am besten für einen bestimmten Patienten geeignet ist. KI könnte auch verwendet werden, um den Fortschritt der Patient:innen während der Therapie zu überwachen und Anpassungen vorzunehmen.
Automatisierte Entscheidungsfindung
Hierbei könnte KI in der Lage sein, auf Basis von bestimmten Indikatoren automatisch Entscheidungen zu treffen, z.B. welche Therapieform am besten für Patient:innen geeignet ist oder wann ein Patient:in aufgrund bestimmter Symptome dringend Hilfe benötigt.
Emotionserkennung: KI könnte im Weiteren dafür eingesetzt werden, um die emotionalen Zustände von Patient:innen zu erkennen, z.B. anhand von Gesichtsausdrücken oder der Stimmlage. Diese Informationen könnten dann genutzt werden, um die Therapieform anzupassen oder um ein besseres Verständnis der emotionalen Bedürfnisse der Patient:innen zu bekommen.
All dies zeigt: Die subjektive Komponente könnte mittels KI auf eine objektive Ebene verschoben und damit präziser in der Diagnostik und Therapiewahl werden, da auch Psychotherapeut:innen emotionale und damit subjektiv wertende Wesen sind. Gerade dies ist für Psychotherapeut:innen stets eine berufliche Herausforderung, die aber zum professionellen Berufsbild gehört. Ein KI-basiertes System, das objektiv die Daten auswertet, könnte präzise Behandlungsempfehlungen geben. Aber: Gerade hier kann die Ungenauigkeit liegen! Denn Psychotherapeut:innen können auf die Besonderheiten der Patient:innen eingehen und Zwischentöne erkennen, was ggf. eine KI nicht kann. Psychotherapie erfolgt niemals nach Schema F, sondern bedarf der empathischen professionellen Analyse. Und: ein nicht zu unterschätzender Aspekt: das Vertrauen zwischen Patient:in und Psychotherapeut:in! Nur in einem vertrauensvollen Setting werden sich Menschen öffnen und ihre Gedanken offenbaren. Dies bleibt z.B. bei einem Chatbot mehr als fraglich.
Bei allem ist somit wichtig zu beachten, dass KI-basierte Psychotherapie niemals eine vollständige Ersatztherapie für menschliche Therapeut:innen sein kann. KI kann jedoch ein zusätzliches Werkzeug sein, um den Therapieprozess zu verbessern und zu unterstützen.
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