Der Mensch ist der Fokus der Zukunft

Allerorts wird nach Digitalisierung gerufen. Die künstliche Intelligenz wird als die Universallösung praktisch aller Themen gelobt und allseits ein höheres Tempo bei der Umsetzung digitaler Lösungen gefordert. Zu wenig stellen wir uns die Frage, was es braucht, um die Technologie sinnvoll zum Wohle des Patienten einzusetzen. Zu selten fragen wir uns, wo überhaupt schon ausreichend valide Daten im Gesundheitssystem vorliegen, wo denn ein Mehr an Technik und deren zunehmender Einsatz wünschenswert und sinnvoll sind.

 Nun ist es bekanntermaßen so, dass sich die Medizin um den Menschen dreht und das Gesundwerden mehr als ein serielles Aneinanderreihen technischer Punkte darstellt. Gute Medizin findet zwischen den Menschen statt, daher ja auch der treffende Begriff der Heilkunst, der Kunst, die vom Können kommt. Das beginnt mit dem Zuhören, jedoch nicht nur dem Erfassen der Worte, sondern vor allem dem, was zwischen den Zeilen zu lesen ist, den Zwischentönen, der Konnotation der Sprache. Im Zeitverlauf hat der Mensch sich selbst in der Medizin immer mehr Steine in den Weg gelegt und damit ein Monster der überbordenden Bürokratie erschaffen. Je nach Fach, gesellen sich zu einer Minute Therapie zwischen 30 und 45 Sekunden Paperwork. Das ist falsch und das können wir rasch lösen. In der New York Times wurde es sehr schön von Steve Lohr beschrieben: „KI kann eines Tages Wunder vollbringen – momentan kann sie vor allem Papierarbeit lösen.“ (NY Times, 2023). Aus einem Fax ein PDF per E-Mail zu machen ist dabei jedoch keineswegs der Klimax der Digitalisierung, sondern aus meiner Sicht bestenfalls der Anfang. Was braucht es also? Es gilt aus der Sicht des Patienten und seines Wohlergehens zu denken, das Patientenerlebnis und dessen Salutogenese wieder in den Fokus zu rücken. Es braucht aus meiner Sicht weniger sichtbare Technik, die die Interaktion stört, mehr digitale Helfer im Hintergrund, die uns die redundanten, die lästigen Aufgaben abnehmen. Nicht noch eine App, nein die Kommunikation von Mensch zu Mensch hat mehr Zeit verdient, während die Technik im Hintergrund aktiv ist.

Wenn wir dem Arzt und dem Patienten die Chancen und Möglichkeiten von Digital Health aufzeigen, statt allerorts nur zu warnen und zu schimpfen, dann bauen wir Brücken statt Mauern. Das Verständnis ist die Basis für das Vertrauen und aus diesem kann sich der regelmäßige Einsatz entwickeln. Also: Patient first und immer wieder an die Aus- und Weiterbildung denken, dann wird daraus eine Erfolgsgeschichte. Da braucht es keine Reförmchen, keine lauten Ankündigungen und vor allem: keine Warnungen. Packen wir es an. Die Zeit ist reif, die digitalen Möglichkeiten sind da. Wer nicht aktiv gestaltet, der wird gestaltet, das haben wir schon zu oft erlebt. Also: voller Fokus auf den Menschen.

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PD Dr. Dominik Pförringer
Klinikum Rechts der Isar I doctos.de