Robotic Surgery in der Gynäkologie

Die computer-assistierte robotische Operation in der Gynäkologie ermöglicht es, komplexe Operationen minimal-invasiv (Bauchspiegelung) durchzuführen, die ansonsten durch Bauchschnitt oder minimal invasiv durch einen äusserst versierten Operateur erfolgen müsste. Hierdurch ist der Anteil der Operationen durch Bauchschnitt sukzessive auf ein Minimum abgesunken (z.B. von ca. 54% im Jahr 2002 auf ca. 1% Anteil bei Gebärmutterentfernung  im Jahr 2022 in unserer Klinik). Dies gilt für Operationen von gutartigen Befunden an der Gebärmutter, den Eierstöcken, bei Senkungszuständen, Harninkontinenz, Verwachsungen, Narbenreparatur nach Kaiserschnitt, aber auch für bösartige Erkrankungen von Gebärmutter und Eierstöcken im Frühstadium. Hierdurch konnten die Risiken wie Verletzungen von Organen, Blutungen, Infektionen, z.T. auch die Sterblichkeit signifikant gegenüber früher erreichter Ergebnisse reduziert werden. Das gilt besonders gegenüber der Laparotomie (Bauchschnitt), in geringerem Ausmaß aber auch für die konventionelle Laparoskopie (Bauchspiegelung). Ein Beispiel in der Gynäkologie ist die operative Behandlung des Endometriumkarzinoms (Gebärmutterkrebs), für das eine dänische Populationsstudie unter Einschluss aller Patientinnen, die in Dänemark konsekutiv in einer ganzen Dekade operiert wurden, einen klaren Überlebensvorteil für die endoskopische Therapie belegen konnte, mit tendenziell den besten Ergebnissen für die Robotik. Erreicht wird dies über die Bedienung von Kamera und Instrumenten über eine Steuerkonsole; ein „Interface“ überträgt die Steuerbefehle auf die Kamera und die Instrumente im Abdomen der Patientin.  Hierdurch resultiert eine erheblich verbesserte Sicht (3D-HD Vergrößerung und die computerassistierte Bewegungsfreiheit der Kamera (360 Grad)) und Bewegung der Instrumente in sieben Freiheitsgraden. 

„Laparoskopisch kann ich operieren, was ich kann - robotisch, was ich will“ bringt es auf den Punkt. 

Die Lernkurve ist für den Operateur viel steiler als bei der konventionellen Laparoskopie; er kann die Operationen robotisch – wie ein Pilot – virtuell trainieren, nachdem er das System bereits virtuell durch zahlreiche Übungen beherrschen gelernt hat. Anschließend ermöglicht das 2-Konsolensystem ein „begleitendes Fahren“, bei dem der erfahrene Operateur dem lernenden Arzt die operativen Schritte zeigt, ihn dann begleitet, bis er selbständig sicher operiert. Die Operationen werden aufgezeichnet und können postoperativ für klinisch und wissenschaftliche Fragestellungen (Ausbildung, Optimierung, Studien) ausgewertet werden.

Die Operateure sind nicht nur schneller ausgebildet (Lernkurve), sondern leiden auch signifikant weniger unter orthopädischen Beschwerden, die nicht selten die Lebensarbeitszeit konventionell minimal-invasiv tätiger Chirurgen deutlich reduziert.

Schließlich ist die „robotische Chirurgie“ über ein „plug in“ bild- und datentechnisch mit der digitalen Welt verbunden. Dies impliziert die Zukunftsfähigkeit für Teleteaching, Telementoring, Telesurgery, Machine-Learning und Big Data Analysis. Darüber hinaus kann „virtual und augmented reality“ zur Optimierung operativer Strategien eingesetzt werden. 

Außer dem Kaiserschnitt in der Geburtshilfe und Operationen von Tumoren mit einer diffusen Aussaat bösartiger Herde im gesamten Bauchraum können bereits heute nahezu alle Eingriffe in der Frauenheilkunde in der Bauchhöhle endoskopisch und somit schonender erfolgen: Notwendige Voraussetzung hierfür ist zusätzlich zur modernen technischen Ausstattung für die Bauchspiegelung zwingend auch das Vorhalten eines operativen robotischen Systems, um die heutigen Möglichkeiten moderner Chirurgie für Patientin und Operateur ausschöpfen zu können. In der Konsequenz steigt die Zahl der robotischen Systeme derzeit in Deutschlands Kliniken immer schneller an.

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Prof. Dr. Rainer Kimmig
Direktor Universitätsfrauenklinik Essen