Wie KI Patient:innen und Gesundheitsfachpersonal helfen kann

Künstliche Intelligenz (KI) bietet eine Reihe von Ansätzen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung. Daher ist es nur folgerichtig, diese auch in den Gesundheitsfachberufen zu testen und weiterzuentwickeln. Schließlich profitieren Patient:innen beispielsweise davon, wenn sie durch Selbstmanagement ihrer Symptome via App ungeplante Krankenhausaufenthalte und Therapieverzögerungen verhindern können. Diagnosen können durch KI präziser gefasst und Behandlungsmethoden individualisiert angepasst werden, Dies verbessert ganz konkret die Lebensqualität von Patient:innen. Die Vorteile liegen also auf der Hand: Erhöhung von Autonomie, Partizipation und Lebensqualität von Patient:innen. Ein Beispiel:  Onkologisch erkrankte Patient:innen sollen im Verbundprojekt DigiCare (Partner: Universitätsklinikum Essen, Technische Universität Clausthal, Hamburger Fernhochschule und mDoc) durch eine App in ihrem Selbst- und Symptommanagement unterstützt werden. Deren Anwendungen binden sektorenübergreifend Pflegefachpersonen, Hausärzt:innen und Palliativmediziner:innen im Bereich Supportive Care ein. 

KI-Anwendungen helfen aber auch dem Gesundheitsfachpersonal direkt, u.a. durch eine Vereinfachung des Arbeitsalltags. Administrative Prozesse werden reduziert, zeitintensive Routinetätigkeiten können automatisiert abgeleitet werden. Im Forschungsprojekt KIADEKU (Partner: Universitätsklinikum Essen, Ludwig-Maximilians-Universität München und Sciendis GmbH) hilft KI beispielsweise bei der digitalen Bildanalyse von Dekubitus und Inkontinenz-Assoziierter Dermatitis (IAD). Aufgrund visueller Ähnlichkeiten bestehen große Herausforderungen in der Unterscheidung beider Wundarten; die Wunddokumentation ist komplex und zeitintensiv. KI wird deshalb anhand von mehreren Tausend Wundfotos in der Beurteilung von Wundkriterien wie Größe, Wundgrund, Infektionszeichen, usw. trainiert. Die Ergebnisse werden in eine App integriert, die Pflegefachpersonen mit Vorblendungen zu individualisierten Pflegeinterventionen in der Entscheidungsfindung unterstützen soll. Die Daten werden automatisch in der elektronischen Patientenakte gespeichert. Perspektivisch werden Chatbots und Explainable ArtificialIntelligence (Explainable AI) der zusätzlichen Erkenntnisvermittlung dienen und ein Lehrarchiv auf Basis der Anwendungsfälle entstehen. Niemand muss mehr die Stationskamera suchen – stattdessen Wundkontrolle mit Tablet und digitaler Entscheidungshilfe. Um Potenziale von KI voll ausschöpfen zu können, muss die Digitalisierung des Gesundheitswesens dringend weiter vorangetrieben werden. Die offensichtlichsten Aufgaben ergeben sich aus (fehlender) Datenverfügbarkeit und Fragen zur Datensicherheit bei der Nutzung von Gesundheitsdaten in Deutschland.

KI-Technologien können nur dann signifikante Verbesserungen im Prozessmanagement und letztendlich in der Versorgungsqualität erreichen, wenn auch die Perspektive derjenigen Gehör findet, die in der direkten Patientenversorgung tätig sind. Gesundheitsfachpersonen müssen daher zwingend bereits aktiv in Entwicklungen und nicht erst in Umsetzungen eingebunden werden; ganz im Sinne der Patient:innen, der Prozessverbesserung und zur Steigerung der Arbeitszufriedenheit des Fachpersonals. Gesundheitsfachpersonal muss dazu über die notwendige Kompetenz verfügen, mit Gesundheitsdaten und KI-Empfehlungen kritisch reflektiert umgehen zu können. Zur strukturierten Beteiligung bedarf es eines berufsgruppenübergreifenden Konzepts zum Kompetenzerwerb und Foren des gegenseitigen Austauschs. 

Was wir nicht vergessen dürfen: Gesundheitsfachkräfte werden dringend gebraucht. Sie haben die Letztentscheidung bei KI-Anwendungen; auf meaningful human control, bedeutsame menschliche Kontrolle kann nicht verzichtet werden. Gerade in Zeiten einer hohen Arbeitsverdichtung bei bestehendem Fachkräftemangel auf die Unterstützung durch KI-Anwendungen allerdings perspektivisch auch nicht.

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Andrea Schmidt-Rumposch
Pflegedirektorin / Vorstand Universitätsmedizin Essen