Balance zwischen Innovation und Menschlichkeit in der Zahnmedizin: KI auf dem Prüfstand

In der aufstrebenden Ära der Künstlichen Intelligenz (KI) eröffnen sich in nahezu allen Bereichen des Lebens und der Wissenschaft Möglichkeiten, die vorher undenkbar schienen. Auch in der Zahnmedizin verspricht die Integration von KI-Technologien und der digitalen Möglichkeiten eine Revolution. Doch wie bei jeder bahnbrechenden Innovation stellt sich die Frage: Wohin führt uns diese Entwicklung und auf welchen Pfad setzen wir unsere Schritte? Der Einsatz von KI in der Zahnmedizin ist zweifellos vielversprechend. Von automatisierten Diagnosen bis hin zur präzisen Planung von Behandlungen bieten KI-Systeme und digitale Technologien ein enormes Potenzial für die Verbesserung von Effizienz und Genauigkeit in der zahnärztlichen Versorgung.

Man könnte aber auch fast den Eindruck bekommen, die intraorale Kamera, der Gesichtsscanner, die 3D-Röntgendiagnostik sowie die KI in der zahnärztlichen Diagnostik beherrschen den Zahnarzt und der Patient mutiert zum Avatar. Wir dürfen daher bei den unbestrittenen Vorteile der digitalen Entwicklungen die Gefahr nicht ignorieren, dass das Individuum inmitten der Maschinen verloren gehen könnte.

Ein zentraler Punkt ist die Frage nach der menschlichen Interaktion. Die Bindung zwischen Zahnarzt und Patient ist von entscheidender Bedeutung für die Qualität der Versorgung und das Wohlbefinden des Patienten. Empathische Kommunikation und das einfühlsame Verständnis, die ein menschlicher Zahnarzt bieten kann, ist durch kein Avatar oder die KI zu ersetzen.

Digitale Technologien beschleunigen und präzisieren, am Ende entscheidet die Kreativität und die Persönlichkeit des Zahnarztes und Zahntechnikers, ob der Patient ein individuelles, natürliches Lächeln zurückerhält. Während KI-Systeme in der Lage sind, große Mengen an Daten zu analysieren und präzise Entscheidungen zu treffen, bleibt die Frage, wer letztendlich die Verantwortung trägt. Werden wir uns auf die Empfehlungen eines Algorithmus verlassen oder werden wir weiterhin unsere eigenen Urteile und Intuitionen einbringen? Die Gefahr des Individualitätsverlustes besteht auch auf einer breiteren gesellschaftlichen Ebene. Wenn KI-Systeme zunehmend die Kontrolle übernehmen und Entscheidungen treffen, könnten wir in eine Welt geraten, in der die menschliche Autonomie und Kreativität in den Hintergrund gedrängt werden, zugunsten einer standardisierten, algorithmischen Ordnung. Dies führt meines Erachtens zu einem bedrohlichem Problem: der Trend zur Führungslosigkeit. Verantwortung wird immer mehr der KI zugeschrieben, Nachwuchsmediziner verlassen sich auf die digitale Technologie und sind nicht mehr bereit sich zu Führungspersönlichkeiten und Entscheidern zu entwickeln.

Wir sollten daher sicherstellen, dass KI-Systeme als

Werkzeuge dienen, die von menschlichen Fachkräften intelligent gesteuert und verantwortet werden, anstatt als eigenständige Akteure, die über unser Schicksal entscheiden. Nur so können wir sicherstellen, dass die Zukunft der Zahnmedizin eine ist, die sowohl technologisch fortschrittlich ist als auch menschlich integer bleibt.

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Dr. Siegfried Marquardt