Food for Artificial Intelligence

Die Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) im Gesundheitswesen für Prävention, Diagnostik und Therapie hat ein großes Potential. Sie kann helfen, die Versorgungsqualität zu verbessern sowie die limitierten personellen und finanziellen Ressourcen optimal einzusetzen. Einige KI-basierte Anwendungen, wie die Analyse von EKG-Signalen oder Röntgenbildern, haben bereits den Weg in den klinischen Alltag gefunden. Die Qualität von KI-Anwendungen hängt allerdings stark von der zur Verfügung stehenden Datenbasis ab. Lernende Systeme können nur so gut sein, wie die Informationen, mit denen sie trainiert werden. Dies beinhaltet die technische und klinische Qualität, aber auch eine ausreichend große Datenmenge mit einem breiten Spektrum an möglichen Fällen für die jeweilige Fragestellung. Im Gesundheitssystem werden zwar täglich riesige Datenmengen erzeugt, deren Nutzung für Forschung und Entwicklung im Bereich von Digital Health ist aktuell aber oft schwierig. Unzureichende Digitalisierung, mangelnde Standardisierung, fehlende Vernetzung und eine unklare oder restriktive Rechtslage sind einige der Gründe für diese Situation. Für die Entwicklung neuer innovativer KI-Anwendungen ist dies eine der zentralen Barrieren. Das Land Baden-Württemberg fördert aus diesem Grund ein „Realla- bor zum Transfer digitaler Gesundheitsanwendungen und KI ins Gesundheitswesen“ (ROUTINE). Ziel des Projekts ist die Schaffung eines Experimentierraums für Unternehmen und Forschende, um für neue medizinische Anwendungen KI-Algorithmen zu entwickeln, zu trainieren und zu testen. Hierzu werden Gesundheitsdaten sowie die entsprechende medizinische Expertise aus verschiedenen Sektoren des Gesundheitswesens verknüpft und zugänglich gemacht. Dies umfasst die digitale Datenerfassung in der klinischen Routine sowie die Bereitstellung dieser Daten auf einer digitalen Plattform in anonymisierter Form für Entwicklerinnen und Entwickler von digitalen Gesundheitsanwendungen. Neben den organisatorischen und technischen Fragen werden in ROUTINE auch die rechtlichen Aspekte analysiert, kritische Punkte identifiziert und Lösungen erarbeitet. Das Robert-Bosch-Krankenhaus (RBK) ist als klinischer Datengeber sowie mit seiner medizinischen und wissenschaftlichen Kompetenz am ROUTINE-Projekt beteiligt. Im Reallabor werden in einem ersten Schritt exemplarisch ausgewählte Use-Cases aufgebaut. Unter anderem wird am RBK als Use-Case eine Anwendung entwickelt, die mit Hilfe von KI auf Basis von Routinedaten den Rehabilitationsverlauf geriatrischer Patientinnen und Patienten prognostiziert. Dies kann helfen, die Versorgung individuell zu optimieren sowie personelle und finanzielle Ressourcen besser zu steuern. Unter anderem werden in diesem Use-Case auch Daten von am Körper getragenen Bewegungssensoren erfasst. In dembereits abgeschlossenen BMG-Verbundprojekt AktiSmart-KI konnten wir gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Ulm und der IB Hochschule für Gesundheit und Soziales zeigen, dass KI-basierte Algorithmen in diesen Daten auch komplexe Aktivitäten des täglichen Lebens erkennenkönnen. In ROUTINE werden diese Informationen nun mit weiteren klinischen Daten durch KI analysiert, um besser abzu- schätzen, ob Patientinnen und Patienten nach der Entlassung aus dem Krankenhaus im Alltag selbstständig zurechtkommen. Gegebenenfalls kann der Rehabilitationsbedarf rechtzeitig angepasst werden, um langfristig Pflege zu vermeiden. ROUTINE kann als Blaupause dienen, um perspektivisch für das gesamte Gesundheitswesen praktikable Lösungen zu finden, die gesammelten Daten für Forschung und Entwicklung im Bereich Digital Health verfügbar zu machen. Die digitale Patientenakte sowie das geplante Gesundheitsdatennutzungsgesetz sind in diesem Kontext wichtige Schritte, um die Entwicklung von digitalen Gesundheitsanwendungen in Deutschland zu ermöglichen und Innovationen in diesem Bereich weiter voranzutreiben.

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Prof. Dr. biol. hum. Jochen Klenk