Frauengesundheit in Unternehmen
Warum sich auch Unternehmen unbedingt mit dem Thema „Frauengesundheit“ beschäftigen sollten. Endlich rückt das Thema „Frauengesundheit“ immer mehr in den gesellschaftlichen und medialen Fokus. Mittlerweile ist bekannt, dass Frauenkörper nicht gleichzusetzen sind mit denen der Männer, dass Frauen häufig völlig andere Symptome zeigen und auch dass sie viele Medikamente anders verstoffwechseln. Das Ganze fällt in den Bereich der „Gendermedizin“. Es gibt also Fortschritte im Bereich der Frauenge- sundheit. Sehr langsam und natürlich längst überfällig, aber die Richtung stimmt. Davon werden in Zukunft -hoffentlich- immer mehr Mädchen und Frauen profitieren können. Dass Frauengesundheit aber auch einen großen Einfluss auf Unternehmen und die Gesamtwirt- schaft hat, ist vielen bislang noch nicht bekannt.Vor allem in den USA wissen Unternehmen längst darum, dass sie Gendermedizin nicht länger ignorieren können und sie ihren Mitarbeiterinnen Support bei geschlechtsspezifischen Themen garantieren müssen. Und auch für deutsche und europäische Unternehmen kann dieses Wissen ein echter Gamechanger sein. Denn auch hier werden Themen wie Diversity und Equity immer wichtiger- zum Glück! Eines vorneweg: Frauen sind nicht das schwächere Geschlecht und bei dem Thema „Frauengesundheit“ soll es nicht darum gehen, Frauen in eine Opferrolle zu drängen. Vielmehr ist es an der Zeit, Frauen dabei zu unterstützen, ihre ganze Kraft, Professionalität und Erfahrung frei entfalten zu können UND dafür zu sorgen, dass Unternehmen genau davon profitieren. Menstruation, Endometriose, Wechseljahre- Zahlen, die erschrecken. Nach wie vor ist das Thema Menstruation ein Tabu. Unterschiedliche Untersuchungen zeigen, dass für die Mehrzahl aller Frauen und Mädchen die Menstruation negativ besetzt und gar schambehaftet sei. Dabei sollten wir unbedingt darüber sprechen! Denn: Laut einer Umfrage leiden 98% aller Menstruierenden unter Beschwerden währenddessen. 43% der Berufstätigen konnten deshalb schon einmal nicht zur Arbeit gehen, nur 11% haben darüber mit ihrer*m Vorgesetzten*m gesprochen. (1). In einer anderen Untersuchung gaben 32% der Befragten an, während ihrer Periode weniger produktiv zu sein, 25% haben bereits eine Ausrede erfunden, um nicht am Arbeitsplatz erscheinen zu müssen (2). Allein in der EU führt der aktuelle Umgang mit der Menstruation zu einem jährlichen wirtschaftlichen Schaden von etwa 107 Milliarden Euro. Ein weiteres, sehr prägnantes Beispiel für die Tabuisierung von weiblichen Beschwerden ist der Umgang mit der Erkrankung Endometriose. Vergingen bislang bis zur Diagnosestellung bis zu 10 Jahre, bedeutete das für erkrankte Frauen ein langer Leidensweg, starke Schmerzen, unerfüllter Kinderwunsch und häufige Arbeitsunfähigkeit. Europas wirtschaftlicher Gesamtschaden allein durch die Arbeitsausfälle wird jährlich auf ca. 30 Milliarden Euro geschätzt. Eine britische Umfrage, erschienen 2022, befasste sich dagegen mit den Auswirkungen der Wechseljahre auf die Berufstätigkeit der Frauen. 99% aller Befragten gaben an, dass sich ihre Beschwerden negativ auf ihre berufliche Tätigkeit auswirkten, 59% hatten deshalb bereits eine berufliche Auszeit genommen. 21% verzichteten auf eine Beförderung, 19% reduzierten ihre Arbeitszeit und 12% kündigten. Weltweit beläuft sich der wirtschaftliche Schaden durch den Verlust der Frauen in der Perimenopause und Menopause auf 150 Milliarden Dollar jährlich, Tendenz steigend, denn 2030 wird ein Viertel der Weltbevölkerung in den Wechseljahren sein (3).
Good news: Es gibt Lösungen!
Nenne ich all diese Zahlen, während meiner Workshops, Vorträgen oder speziellen Firmenberatungen, ist das Entsetzen meist erst einmal groß. Vielen Führungskräften oder CEOs ist die Wichtigkeit von gendermedizinischen Aspekten (noch) nicht bewusst. Oft schleicht sich auch schnell eine Art Resignation ein. Menstruierende haben nun mal eine Periode, fertile Frauen können an Endometriose erkranken und die Wechseljahre sind ein natürlicher Prozess. Stimmt! Den Unterschied jedoch macht der firmeninterne Umgang mit den Beschwerden sowie die Stärkung und Förderung der Arbeitnehmerinnen. Der erste und wichtigste Schritt ist die interne Enttabuisierung geschlechtsspezifischer Themen. Im Bereich der Frauengesundheit bedeutet dies zunächst, dass die Arbeitnehmerinnen die Sicherheit haben, auch mit frauengesundheitlichen Themen auf Verständnis zu stoßen. Gerade in den USA bieten Firmen mittlerweile gezielt Workshops zu Topics wie Menstruationsbeschwerden, Kinderwunsch und Wechseljahren an. Häufig sind diese mit der Möglichkeit einer persönlichen medizinischen Beratung kombiniert. Die digitale Medizin bietet hier die Möglichkeit, die Frauen auch darüber hinaus medizinisch beraten und begleiten zu können. Auch die Fortbildung der zuständigen Arbeitsmediziner*innen ist unbedingt zu empfehlen.Weitere Schritte sind das Bereitstellen von kostenlosen Menstruationsprodukten, die Möglichkeit von Homeoffice-Tagen bei Bedarf und die Flexibilität bei beruflichen Reisen, wenn nötig. Gerade Frauen mit Wechseljahrsbeschwerden wie Schlafstörungen profitieren von flexibleren Arbeitszeiten und der Möglichkeit von häufigeren Pausen. Die Ausstattung des Arbeitsplatztes mit einem Ventilator hilft bei Hitzewallungen. Es sind meist relativ „kleine“ Maßnahmen“, die einen großen Erfolg ausmachen. Das Ergebnis? Frauen, egal welchen Alters, werden beruflich auf Grund von Geschlechtsunterschieden nicht weiter benachteiligt. Der Benefit für die Firmen?
Motivierte und engagierte Mitarbeiterinnen, ein starker weiblicher Anteil innerhalb des Unternehmens, ein gutes und vertrauensvolles Arbeitsklima und -nicht zu vergessen!- in Zeiten von Fachkräftemangel und notwendigem Werben um qualifizierte Mitarbeiter*innen ein ganz wichtiges Tool zum Employer Branding.
Erdbeerwoche Menstruationsumfrage 2020
Kearney and WASH United. Adressing menstruation related challenges for women and girls: an untapped opportunity, 2020
IMPACT OF PERIMENOPAUSE AND MENOPAUSE ON WORK, Newson Health Research and Education, 2022
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