Prävention als das nächste Level im Gesundheitswesen

Ein kleines Gedankenexperiment: Was wäre, wenn die Vergütung in unserem Gesundheitssystem nicht die Behandlung von Erkrankungen, sondern den Fokus auf die Gesunderhaltung als Hauptziel hätte? Damit würde ein zentrales Problem gelöst: Fehlanreize für unnötige Eingriffe und für Bürokratie würden entfallen. Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Therapeuten hätten mehr Zeit für Prävention und die primäre Behandlung von Erkrankungen. Solche Modellprojekte einer präventiven Gesundheitsversorgung sind an mehreren Stellen weltweit erfolgreich umgesetzt (Modellprojekte in USA, Spanien und der Schweiz) und könnten an ein neu geordnetes Gesundheitssystem auch in Deutschland angepasst werden. 

Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Prävention

Acht durch jeden selbst beeinflussbare Faktoren verlängern das Leben wesentlich: Regelmäßige Bewegung, gutes Stressmanagement, genügend Schlaf, positive soziale Beziehungen, gesunde Ernährung, Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum sowie das Fehlen einer Abhängigkeit von Opiodschmerzmitteln.

Alle Punkte waren in einer großen Studie amerikanischer Veteranen wesentlich, um länger zu leben oder eben früher zu sterben. 

Eigentlich steckt in dieser groß angelegten Studie wenig Neues drin. Diese Erkenntnisse können bei Ärzten als allgemein bekanntes Wissen vorausgesetzt werden. Nun, dieser Umstand bedeutet jedoch nicht, dass Ärzte nur immer gesund leben und noch lange nicht, dass dieses Wissen auch wirklich flächendeckend in unserer Bevölkerung durchdrungen ist.  Prävention – einfach und doch so schwer.  

Bewegung als zentrales Element in der Prävention sämtlicher chronischen Erkrankungen

Bewegung ist ein zentrales Element in der Primär-, Sekundär- und Tertiärprävention nahezu aller chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes, Schlaganfall, chronische Lungenerkrankungen chronische Rückenschmerzen bis hin selbst zu Krebserkrankungen. Nochmals ganz klar ausgedrückt: Regelmäßige Bewegung senkt das Krebsentstehungs- und das Krebsrückfallrisiko; dies oft sogar im höheren zweistelligen Prozentbereich. So lässt sich z.B. das Rückfallrisiko für Brustkrebs alleinig durch regelmäßige Bewegung um bis zu 67% senken.

Bewegung goes Digital! 

Egal ob die Apple Watch, der Garmin Tracker oder eine App auf dem Smartphone. Das Thema Bewegung ist längst und weit über das Level „Lifestyle“ hinaus in den professionellen Gesundheitsmarkt vorgedrungen. Und das ist auch gut so. Prävention setzt das Wissen über positive Auswirkungen von Lebensgewohnheiten und deren Veränderung voraus. Smarte Applikationen tragen hier relevant dazu bei, diese wertvollen Informationen über gesunde Lebensweisen zu verbreiten und natürlich auch Anpassungen von Verhaltensgewohnheiten zu überwachen und zu unterstützen. Klar: Laufen müssen Sie immer noch selbst, aber Apps tragen zur Vernetzung, Visualisierung, Wissensvermittlung und über Feedback dazu bei, am Thema Bewegung dranzubleiben. Bei der Entwicklung der movival® App habe ich größten Wert daraufgelegt, dass Forschungsergebnisse konsequent genutzt werden und gleichzeitig alles mundgerecht so verpackt wird, dass es möglichst einfach und intuitiv erscheint. Trotzdem muss sofort klar erkennbar sein, wie das persönliche Bewegungsniveau z.B. das Krebsentstehungsrisiko senkt. 

Noch ein Appell zum Schluss: 

Lasst uns dafür sorgen, dass das Thema Prävention, und speziell das Thema Bewegung, im Kindergarten und der Schule einen wesentlich wichtigeren Stellenwert erhält! Und vor allem, dass keine Schulsportstunden mehr ausfallen! Letztlich hat die Coronapandemie auch nochmals ganz klar gezeigt: Fehlender Schulsport führt zu Bewegungsmangel.

Verhaltensbiologisch ist seit langer Zeit klar, dass wir Gewohnheiten in frühen Tagen lernen und später nur zögerlich ändern (wenn überhaupt!). Daher gilt auch für das Thema Prävention und Bewegung: „All we really need to know we learned in Kindergarten“ (adaptiert nach R. Fulghum). 

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PD Dr. Thomas Widmann
Chefarzt, Facharzt für Innere Medizin und Hämatologie und Onkologie, Sozialmedizin I Founder Movival Asklepios