Kommunikation mit Patienten in der digitalen Welt des Gesundheitswesens

Verschiedene Untersuchungen zeigen zudem, dass die Qualität der Kommunikation eng mit der Patientenzufriedenheit und der Therapieadhärenz (Compliance) korreliert. Wie verändert sich aber die Kommunikation und das Arzt-Patienten-Verhältnis im Zuge des rasanten Einzugs der Digitalisierung?

Dominierte früher der einseitige und unidirektionale Dialog zwischen Ärzten und Patienten, so wird heute der sog. partizipatorische Ansatz angestrebt, d.h. dass Patienten die Diskussionen zur Indikation und therapeutischen Konsequenzen mitgestalten können. Voraussetzung hierzu ist aber die Befähigung der Patienten, medizinische Informationen zu erhalten und zu verstehen. Das Internet wird zunehmend als primäre Informationsquelle genutzt. Verschiedene Studien berichten, dass dennoch Ärzte als verlässlichste Quelle weiterhin gelten, aber Laien häufig nicht zwischen validen und nicht-validen Informationsquellen unterscheiden können. Es überrascht doch sehr, dass nur wenige Initiativen und Programme existieren, die Laien hierzu aus- und weiterbilden. Ärzte und das gesamte medizinische Personal sollten proaktiv ihre Patienten auf den Umgang mit medizinischen Informationen im Internet ansprechen und „vertrauliche“ Webseiten dezidiert empfehlen.   

Auch zum Einsatz digitaler Medien zur Kommunikation besteht ein grosser Handlungsbedarf, da unterschiedliche Erwartungen und eine unzureichende digitale Gesundheitskompetenz zu Konflikten führen können. Dabei sollte vorab geklärt werden, welche digitalen und analoge Kanäle, wie E-Mail, Video-Sprechstunde, Telefon, Apps, Praxissprechstunde für welche Zwecke eigesetzt werden sollten und welche Personen und Berufsgruppen eingebunden sind. 

Hierzu können folgende Aussagen für Patienten von Nutzen sein:

• Welche Informationen bieten welche Webseiten und welche können für Sie hilfreich sein?

• Folgende Webseiten zur Information und Aufklärung kann ich Ihnen empfehlen;

• Möchten Sie auch andere Materialien (z.B. Broschüren), darf ich Ihnen welche empfehlen

• Soll ich Ihnen spezielle Apps empfehlen?

• Wann können Sie uns mit welchen Themen per E-mail oder telefonisch kontaktieren?

• Wir bieten Ihnen auch eine Video-Sprechstunde zu folgenden Themen an, haben Sie die technischen Voraussetzungen hierfür?

• Wenn Sie ein akutes oder dringendes medizinisches Problem haben, kontaktieren Sie bitte folgende Personen/Institutionen? 

„The big 5“ zur Kommunikation mit Patientinnen und Umgang mit digitalen Medien. Allgemeine praktische Tipps für das effektive Gespräch:

1. Welche technischen Instrumente beherrsche ich, welche mag ich, welche beherrscht meine Patientin

2. Beachten Sie die inhaltliche und zeitliche Beschränkung und sprechen Sie diese auch vorab auch an

3. Klären Sie vorab die Präsenz, Rolle und das Mandat der Angehörige

4. Achten Sie auf Ihre Worte (mehr direkte als indirekte Kommunikation) und vor allem  auf Ihre nonverbale Kommunikation

5. Lassen Sie sich eine schriftliche Zusammenfassung geben

Eine aktuelle Umfrage der Nord-Ostdeutschen Gesellschaft für Gynäkologische Onkologie (NOGGO) an 289 Ärzt*innen zeigte zudem, dass auch das medizinische Personal erhebliche Defizite in den Fähigkeiten haben, digitale Medien adäquat und kompetent einzusetzen (Kolbe et al.). 82.8% der Befragten gaben an, nicht adäquat fort- und weitergebildet zu werden, 71.2% kritisierten zudem einen unzureichenden Support ihrer Institution, 88.2%  wünschten sich eine derartige strukturelle Unterstützung. Interessanterweise, gaben 45.8% der Befragten an, dass sie durch die Etablierung digitaler Informationskanäle im Gsundheitswesen eine Verbesserung des Arzt-Patienten-Verhältnis erwarten, 30.8% hingegen keine Veränderung und 23.4% sogar eine Verschlechterung des Verhältnisses.

Diese Ausführungen zeigen mehr als deutlich, dass ein hoher Bedarf an inter- und transdisziplinären und intersektoralen Programmen zum Thema Umgang mit digitalen Medien im Gesundheitswesen bedarf. 

Vorheriger Artikel Nächster Artikel
>> Kommunikation ist das zentrale Thema in der Medizin, wenn es um Informationsvermittlung, Aufklärung und Bildung des Verhältnisses zum medizinischen Team geht. <<
Professor Dr. Jalid Sehouli
Klinik für Gynäkologie und Zentrum für onkologische Chirurgie Charité/Campus Virchow-Klinikum Universitätsmedizin Berlin