Der Mensch – vom Faktor zur Selbstwirksamkeit

Als Definition für einen Faktor sagt Wikipedia Folgendes aus: Ein Faktor ist eine gewisse Größe, die in einem bestimmten Zusammenhang gewisse Auswirkungen zeigt. Einen Faktor kann man multiplizieren, dividieren, addieren oder subtrahieren und daraus ergibt sich ein Ergebnis.

Häufig wird der Mensch als Faktor gesehen, als eine Art Größe, die sich planen, einschätzen, bewerten und gelegentlich auch abschätzen lässt. Menschen werden eingesetzt, verplant, es wird ausgegangen von, es wird erwartet. Viele haben aufgegeben auf Fragen so zu antworten, wie sie tatsächlich darüber denken. Denn auf viele Fragen sind die Antworten sehr häufig schon vorgegeben.

An den Faktor Mensch werden vielfältige Erwartungen gestellt: Bedingungsloser Einsatz, hohe Loyalität, Teamfähigkeit, ständige Bereitschaft, absolute Perfektion, hohe Motivation, Fehlerlosigkeit, eine sehr gute Fähigkeit zur Reflexion, und eine wertschätzende und offene Kommunikation. Was Menschen unter diesen Begrifflichkeiten verstehen, aus denen sie ihre eigenen Erwartungen ableiten, bleibt dabei oftmals ihr persönliches Geheimnis. In der Summe ergeben sich daraus beobachtbare Realitäten. Organisationen und die Menschen darin arbeiten sich aneinander ab anstatt zusammen zu arbeiten. Denn keiner weiß genau, was es heißt, zusammenzuarbeiten. Die Ziele sind oft gegenläufig, die Interessenlagen unterschiedlich, die Sozialisierungen sehr verschieden. Während alle um Verständnis werben, ist keiner bereit, auf den Anderen zuzugehen. Wenn ich in Organisationen tätig bin, werde ich immer wieder gefragt: „Sind wir ein hoffnungsloser Fall oder haben Sie schon einmal so etwas Kompliziertes wie hier bei uns erlebt?“

Auch hier wäre es ganz „leicht“, eine Gleichung mit ein paar Faktoren aufzustellen. Man addiere Tools, Methoden, gegebene Rahmenbedingungen, mit eigenen, nicht kommunizierten Erwartungen und subtrahiere Zwänge, Abhängigkeiten, gegenläufige Interessen bzw. Ansprüche und multipliziere das Ganze mit eigenen Bewertungen, wenig erkennbaren Zielen, Überschriften, die unerklärt bleiben, und heraus kommt ein Ergebnis X.

Menschen sind keine Faktoren.
Menschen sind Menschen.
Anders, vielfältig, bunt, interessant.
Nichts gleicht dem Anderen und das muss es auch nicht.

Ein Zusammen kann nicht verordnet werden, zusammen entsteht nicht, wenn ich Menschen unter ein Dach stelle und zusammen anordne. Das müssen wir uns schon gemeinsam erarbeiten.

Wer hier versucht, mit Schablonen zu arbeiten, hat schon verloren, bevor er begonnen hat. Wer Menschen mitnehmen, begeistern und motivieren möchte, muss

Fragen stellen und bereit sein, die Antworten zu hören, ohne alles sofort in die eigenen Bewertungsschemen zu setzen. Überschriften und Phrasen helfen niemandem, den Anderen zu hören oder gar zu verstehen. Ein wichtiger Ansatz ist das Thema Digitalisierung. Sinnvolle Möglichkeiten in Strukturen und Organisationen zur Verfügung zu stellen, die Menschen den Arbeitsalltag vereinfachen. Hierzu gehört es eine deutliche Entlastung zu schaffen und die immer stärker wachsende Pflicht zur Dokumentation deutlich zu reduzieren. Damit werden Ressourcen in zeitlicher Hinsicht freigesetzt, so dass sich die Menschen auf die Menschen konzentrieren können, was das notwendige Miteinander verstärkt.

Wenn es gelingt, den Menschen den Eindruck zu geben, dass sie selbst wirksam sind, dass es wichtig ist, dass es sie gibt, dass ihre Meinung von Interesse ist, auch wenn nicht alles möglich ist, dann und nur dann entsteht als Ergebnis der gewünschte Erfolg.

Vorheriger Artikel Nächster Artikel
>> Menschen sind keine Faktoren. Menschen sind Menschen. Anders, vielfältig, bunt, interessant. <<
Claudia Gräfin von Schönburg
Trainerin und Moderatorin vs+po