Daten zur Frauengesundheit wichtig!
Ich bin eine Frau – und Nutzniesser des Female shift. Den «weiblichen Wandel» assoziiere ich mit relevanten Themen, für die es sich zu kämpfen lohnt und für meine Welt, in der ich arbeite und mich bewege, beeinflussen. Er steht für das neue Gewicht der Frauen in unserer Gesellschaft und der Arbeitswelt. Daraus resultieren Veränderungen der sozialen Normen und wirtschaftlichen Strukturen. Frauen sind berufstätig und steigen in Führungspositionen auf. Sie gründen, sind Visionäre. Frauen gebären Kinder, werden Mütter, wenn sie wollen. Sie beweisen – sich selbst und der Gesellschaft – dass wir klassische Rollenbilder überdenken müssen. Dennoch liegt die Hauptlast bei uns – die akzeptieren müssen, nicht alles auf einmal jonglieren zu können. Das Bild der Vater-Elternrolle muss sich ändern. Nur jeder zehnte Vater nimmt mehr als zwei Monate Elternzeit, diese Zeit wird oft für gemeinsame Reisen genutzt.
Wer seine Firma klug führt, entscheidet sich für den Female Shift und nimmt bewusst in Kauf, seine weiblichen, engagierten Mitarbeiterinnen in der Familiengründung zu unterstützen – um sie langfristig an sich binden zu können. «Female shift» zeigt, dass die sich verändernde Dynamik der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu einer neuen Unternehmenskultur mit empathisch geführten Leader:innen führen kann. Mein persönliches Beispiel spiegelt genau diesen Prozess wider. Sich als Frau für den weiblichen Wandel einzusetzen, ist nicht immer leicht. Vor allem wenn man selbst betroffen ist, seine Karriere vorantreiben möchte und eben doch «erst mal pausieren muss». Doch mit der richtigen Unternehmensführung, offenen Gesprächen und dem richtigen Partner bin ich davon überzeugt, dass es möglich ist. Die zunehmende Digitalisierung und Technologisierung des Gesundheitswesens unterstützen uns durch Instrumente des Home Office und einen einfachen Zugang zu medizinischer Versorgung, bspw. über Telemedizin-Anbieter wie Medgate.
Female shift steht auch für den Aufholprozess, klinische Daten zur Frauengesundheit zu sammeln. Die mangelhafte Datenbasis korrumpiert bis heute so manches Startup und adäquate medizinische Versorgung. Über Jahrzehnte hinweg wurden Frauen systematisch aus pharmakologischen Zulassungsstudien ausgeschlossen. Begründungen fanden sich in «hormonellen Schwankungen» des weiblichen Körpers oder aus Angst, die Contergan-Katastrophe (1957-1961) zu wiederholen. Die US-Zulassungsbehörde FDA schloss zwischen 1977 bis 1993 Frauen komplett Phase I-Studien aus. Bis heute orientieren sich deswegen empfohlene Höchstdosen für Medikamente an männlichen Körpern und übersteigen für Frauen das vertretbare Maß, mit dem konsekutiven Auftreten vermehrter oder schwerer Nebenwirkungen. Das Problem setzt sich im Medizinstudium fort. Klassische Lehrbücher lehren «Männerkrankheiten» mit Symptomen, die sich bei Frauen gänzlich anders ausdrücken können und dadurch im klinischen Alltag oft nicht oder zu spät erkannt werden. Ein gerne zitierte Beispiel ist der Herzinfarkt, der sich bei Frauen eben nicht mit Schmerzen im linken Arm präsentiert und dadurch 3x häufiger nicht erkannt wird als bei Männern. Sie werden als psychosomatisch abgetan und nicht ernst genommen. Glücklicherweise werden Frauen mittlerweile systematisch in pharmakologische Studien inkludiert und die Lehre an den Universitäten ändert sich langsam. Dennoch wird es Jahrzehnte dauern, die zuvor geschehene Diskriminierung aufzuholen. Bis ein annähernd großer Datenschatz systematisch für Frauen erhoben wurde, müssen sich auch viele Startups gedulden – oder selbst ihre Daten erheben. Diese Hürde ist eine ernst zu nehmende und gefährdet so manches Jungunternehmen, das sich auf die Frauengesundheit konzentriert. Ihre Business Models funktionieren oft noch nicht, da das Produkt auf keiner validen Datenbasis fußt. Investoren reagieren dadurch zurückhaltend.
Der weibliche Wandel hat Auswirkungen auf Unternehmen, Stereotypen, die Weiterentwicklung und Technologisierung des Gesundheitswesens gleichermaßen. Unternehmen, die die sich ändernden Bedürfnisse und Präferenzen weiblicher Arbeitnehmer und Verbraucher nicht erkennen und darauf reagieren, werden einen Wettbewerbsnachteil erleiden. Stereotypen der Rollenverteilung müssen sich ändern, damit eine «yes, we can»-Mentalität weiterblüht. Die Datenbasen von Studien und Medikamenten sind im 21. Jahrhundert angekommen und die geldintensive Weiterentwicklung des Female Health Marktes – sowohl was weibliche Leaderinnen im Gesundheitswesen als auch marktspezifische Themen betrifft – stimmt hoffnungsvoll.
«Female shift» stellt einen starken und transformativen Megatrend dar, der Gesellschaften und Volkswirtschaften auf der ganzen Welt umgestaltet. Als Frau und potenzielle Nutzniesserin weiß ich um die Hürden und Chancen, die uns bevorstehen. Mit dem Fortschreiten des weiblichen Wandels sind weitere Veränderungen der sozialen Normen, der wirtschaftlichen Strukturen und der Verteilung von Macht und Einfluss in der Gesellschaft zu erwarten - ich freue mich mit meinen männlichen Kollegen darauf!
Dr. Lara Maier,
Senior Manager Business Development,
Medgate Schweiz ><