Frauengesundheit digital fördern

Zwei Momente prägten meine digitale Arbeit als Ärztin. Vor einigen Jahre begann ich damit, auf Social Media über meine Arbeit als Assistenzärztin in einer gynäkologischen Praxis zu berichten. Ich erklärte Krankheitsbilder und stellte besondere Fälle vor. Kurz darauf wurde ich in das Büro meines damaligen Chefs gerufen und erhielt einen langen Vortrag darüber, dass Medizin nichts im World Wide Web zu suchen habe. Medizin und Internet würden überhaupt nicht zusammenpassen, zu einer Zeit, als sich auf Social Media eine starke medizinische Community entwickelte, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, medizinische Sachverhalte leicht verständlich zu erklären. Dies wirkte den aus dem Boden sprießenden Foren entgegen, in denen sich Nicht-Mediziner*innen medizinische Ratschläge gaben. Als ich meine erste eigene Praxis eröffnete, nahm ich meine Arbeit wieder auf. Die Resonanz war riesig. Es folgten Beiträge für Onlinemagazine, Podcastaufnahmen und darüber hinaus Radiointerviews.

Der zweite Moment ereignete sich einige Jahre später. Ich sprach mich online dafür aus, dass unsere ärztliche Tätigkeit in vielen Bereichen auch digital erfolgen kann und in Zukunft auch sollte. Im gynäkologischen Bereich wies ich konkret auf die Verhütungsberatung hin. Die zeitliche Taktung in den Praxen ist sehr eng. Eine individuelle, durchaus intensivere Beratung ist aus Zeitgründen häufig gar nicht möglich. Viele Mädchen und Frauen tappen deshalb geradezu im Dunklen, was eine geeignete Verhütung für sie angeht. Auch hier musste ich nicht lange auf Gegenwind warten. Der Kontakt von Arzt*Ärztin und Patient*in müsse in jedem Fall persönlich erfolgen. Verhütungsmittel wären Medikamente und eine Verordnung auf digitalem Weg aus Sicherheitsgründen kein gangbarer Weg. Mein Argument, dass die Anamnese und damit das Ausschließen von Kontraindikationen in den Praxen aus Zeitgründen häufig viel zu kurz kommen und dies meines Erachtens nach ein viel größeres Sicherheitsrisiko sei, fand kein Gehör. 

Die Pandemie veränderte diese Sichtweise -zwangsweise- zumindest etwas. Gerade Beratung- und Besprechungstermine wurden über Videocalls gehalten. Viele Kollegen*innen konnten sehen, dass das digitale Arbeiten eine großartige Ergänzung und Erleichterung im medizinischen Alltag sein kann. Mittlerweile arbeite ich neben meiner Tätigkeit als Gynäkologin in einer Praxis in vielen Bereichen digital. In der ersten europäischen Hormononlineklinik berate ich zusammen mit Dr. Sheila de Liz Frauen rund um das Thema Wechseljahre. Hier erlebe ich eine unheimlich große Dankbarkeit. Wir nehmen uns viel Zeit für die einzelnen Gespräche, mit einer deutlich verbesserten Erreichbarkeit für unsere Patientinnen. 

Die Frauen kontaktieren uns nicht nur innerhalb Europas, sondern mittlerweile sogar aus den USA und Asien. Die gynäkologischen Vorsorgeuntersuchungen machen sie weiterhin bei ihren behandelnden Ärzten*innen; die spezielle Beratung übernehmen wir. Nach wie vor bin ich auf auf meinen Social Media-Kanälen tätig, berichte für verschiedene Onlinemagazine über medizinische Inhalte und habe auf RTL-Online eine eigene Kolumne zum Thema Frauengesundheit. Für einige Fernsehmagazine wirke ich als gynäkologische Expertin. Mittlerweile halte ich Vorträge und Workshops, sowohl digital als auch in Präsenz, für Firmen, die ihre Mitarbeiterinnen auch gesundheitlich bestmöglich unterstützen möchten. Hier spreche ich zum Beispiel über die Themen Menopause, Kinderwunsch und Zyklusbeschwerden. Einige Firmen bieten ihren Mitarbeiterinnen anschließend auch eine individuelle Beratung bei mir an.

Die Medizin ist im digitalen Zeitalter angekommen. Ich bin sehr froh und dankbar darüber, denn gerade im Bereich der Frauengesundheit gibt es so viel Bedarf an Aufklärung und Unterstützung. Meine Patientinnen sind überall erreichbar unabhängig vom sozialen oder ökonomischen Status, egal welchen Alters. Das hat die Digitalisierung ermöglicht. 

Dr. Judith Bildau, Gynäkologin I Medical Influencerin ><

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Dr. med. Judith Bildau
Gynäkologin I Medical Influencerin ><