
Triangle of Empathy – zur Bedeutung Künstlicher Empathie im beruflichen Kontext
Die Entwicklung Künstlicher Empathie (KE) nimmt in den letzten Jahren rasant Fahrt auf. Maschinen lernen, menschliche Emotionen zu erkennen und darauf zu reagieren. Doch wie „echt“ kann diese Empathie sein? Und welchen Einfluss hat sie auf die Mensch-Maschine-Interaktion – insbesondere im beruflichen Kontext? Diese Ergänzung zur Künstlichen Intelligenz (KI) erweitert Interaktion um eine zentrale Kompetenz: Informationen, die über den Sachinhalt hinausgehen, zu interpretieren und angemessen darauf zu reagieren. Ob und wie das Konstrukt Empathie so weit operationalisiert werden kann, um ein artifizielles Abbild des menschlichen Einfühlungsvermögens zu entwickeln, bleibt abzuwarten und kann von uns auch nicht letztgültig eingeschätzt werden. Wir haben uns daher weniger mit der technischen Umsetzung von KE beschäftigt, sondern sind der Frage des eigentlichen Mehrwerts empathischen Handelns im beruflichen Kontext nachgegangen und inwiefern KE hier Einfluss haben kann.
In Bereichen wie Krisenintervention, Psychotherapie oder Pflege ist Empathie essenziell. Fachkräfte müssen über Fähigkeiten und ein Repertoire an Methoden verfügen, um schwingungsfähig zu sein und gewünschte Reaktionen beim Gegenüber zu ermöglichen. Die Gesprächsinhalte sind in solchen Situationen gegebenenfalls unvollständig, mehrdeutig oder sogar unverständlich. Dies steigert die Bedeutsamkeit non- und paraverbaler Kommunikation erheblich, damit das Gegenüber ausreichend Vertrauen entwickeln und eine zielführende Kommunikation gestalten kann. Gleichzeitig muss eine Distanzierungsfähigkeit bewahrt bleiben, um aktiv handlungsfähig zu bleiben.
Die geschilderten Zusammenhänge gelten in allen Situationen, in denen menschliche Interaktion stattfindet. Selbst wenn es vermeintlich auf den ersten Blick anders gesehen wird, geht es nie nur um Sachinhalte. Von der Supermarktkasse über die jubelnden Massen in einem Fußballstadion bis hin zur Gesellschafterversammlung eines Unternehmens – viel mehr als die Inhalte ist das „Wie“ und das „Dahinter“ entscheidend für erfolgreiche Sender-Empfänger-Interaktion.
Unsere Überlegungen zu Empathie und KE haben uns daher angeregt, darüber nachzudenken, was denn eigentlich „künstlich“ bedeutet. Steht eine Künstlichkeit von Empathie der menschlichen Natürlichkeit von Empathie entgegen oder ergänzt sie diese? Ist der Teil der Empathie, den wir mit bewusst gelernten Techniken entwickelt haben, bereits künstlich? Ist Empathie, die auf LLM-Basis auf menschliche Empathie referenziert, deswegen künstlich oder bleibt sie natürlich? Durch Fragen wie diese sind wir zu einem gänzlich „unkünstlichen“ Modell gekommen, dem „Triangle of Empathy“ (siehe Abbildung Seite 22):
Unserer Überzeugung nach wird Empathie aus drei Quellen entwickelt, die in der Kombination zentrale Kompetenzen ermöglichen. Eine angeborene, intuitive Kompetenz und die uns umgebenen sozialen Kontexte und Erfahrungen wirken genauso auf unser Einfühlungsvermögen, wie bewusst erlernte Kommunikationsmethoden. Für zielführende menschliche Interaktion sind alle frei Quellen notwendig, da sie über die Ausprägung von Schwingungs-, Distanzierungs- und methodischer Handlungsfähigkeit entscheiden. KE wird Teile der sozialisierten und erlernten Empathie in Rechenmodellen zusammenbringen können. Diese werden die veranlagte Empathie zwar nicht ersetzen aber anregen und bereichern oder auch ausnutzen und manipulieren können. Beispielsweise können KE-Algorithmen und digitale Assistenten empathisch auf Kundenanfragen reagieren oder im Gesundheitswesen emotionale Unterstützung bieten aber eben auch Datenmissbrauch oder Einschränkungen von Diskursen hervorrufen. Ähnlich wie KI bereits in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen unser Handlungsspektrum erweitert, indem sie uns mehr Raum und Zeit für kreative, strukturierende, praktische oder emotionale Tätigkeiten ermöglicht, kann es auch mit KE sein. Durch ansprechende technische Lösungen können Kommunikationen erleichtert, Entscheidungen schneller getroffen und vor allem das Handlungsspektrum der Beteiligten erweitert werden. Wie bei jedem technologischen Fortschritt wird es entscheidend sein, wie verantwortungsvoll wir Menschen mit dieser Technologie umgehen.
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