Auf dem Weg zum ganzheitlichen Gesundheitssystem
Die meisten von uns träumen von einem langen, gesunden und erfüllten Leben. Das ist nachvollziehbar und an diesem Wunsch ist nichts falsch. Falsch oder zumindest irreführend ist allerdings die Annahme, dass das einfach zu erreichen wäre. Krankheiten gehören in der Regel ebenfalls zu unserem Leben. Mehr noch: Viele Erkrankungen können wir selbst nicht vermeiden. Die Frage ist aus meiner Sicht also eher, wie gehen wir mit Krankheit in unserem Alltag um? Wie organisieren wir die Institutionen unseres Gesundheitswesens so, dass wir uns auch dann, wenn wir medizinische Hilfe brauchen, gut behandelt fühlen? Was bedeutet es eigentlich, Patienten in den Mittelpunkt des Handelns zu stellen, und zwar auf allen Ebenen?
Nur ernst gemeinter Dialog mit Patienten ist langlebig
Als ich vor über 20 Jahren bei Pfizer den Pfizer-Patienten-Dialog initiiert habe, war mir von Anfang an klar: Um ganzheitliche Patientenorientierung zu erreichen, liegt ein langer Weg vor mir, den Vertretern von Patientenorganisationen und meinen Kollegen. Mit dem gemeinsamen Dialog haben wir einen neuen Bereich aufgezeigt, auch über unser Unternehmen hinaus. Damals standen Patientenvertreter, Institutionen im Gesundheitswesen und die Pharmaindustrie einander gegenüber. Seitdem sind wir aufeinander zugegangen, hat sich die Haltung gegenüber Patienten und ihren Bedürfnissen grundsätzlich verändert. Dieser strukturelle Wandel ist auch gesellschaftlich spürbar. Die Generation, die ein Bewusstsein für Patientenbedürfnisse in den Institutionen erkämpft hat, übergibt den Staffelstab an diejenigen, die sich mithilfe von neuen Medien noch selbstbewusster und vielstimmiger und vor allem direkter einsetzen können. Influencer definieren Patientenbeteiligung neu; die Digitalisierung öffnet Patienten nie gekannte Möglichkeiten, sich zu informieren, zu vernetzen und zu engagieren. Dennoch ist es ein Prozess, dessen kleine Schritte zum Erfolg immer wieder neu verhandelt und erkämpft werden müssen. Aus unserem Dialog sind wichtige, langlebige Initiativen entstanden, wie das Infoportal „Hilfe für mich“, das wir gemeinsam mit Patienten und vielen Experten aus dem Gesundheitswesen erstellt haben. Wir haben Menschen nach ihren Erfahrungen mit einer chronischen Erkrankung gefragt – und dabei alles aufgenommen, was sie erlebt haben: vor oder während der Diagnose, in der Orientierungsphase über mögliche Behandlungen, in der Reha, im Umgang mit dem privaten oder beruflichen Umfeld. Jeder Mensch erlebt das anders – aber wir alle können von den Erfahrungen anderer lernen. Selbst die Fragen sind wertvoll. Sie geben Orientierung und bereiten die Antworten vor, die jeder möglichst selbstbestimmt für sich selbst suchen wird. Heute weiß ich deshalb: Der lange Atem hat sich ausgezahlt. Ich bin dankbar, dass sich die Idee, eine Dialogplattform bei einem pharmazeutischen Unternehmen aufzubauen, durchgesetzt und inzwischen viele Nachfolgeformate gefunden hat. Jeder Runde Tisch, jedes Forum und jedes Advisory Board ist willkommen und wert, ausgebaut zu werden. Bei medizinischen oder gesundheitspolitischen Kongressen wird Patientenvertretern mehr und mehr Gehör verschafft – noch nicht genug, aber auch hier: die Richtung stimmt.
Langlebig sind die, die einen langen Atem haben und sich immer neu erfinden
Gutes wird sich immer durchsetzen! Das gibt der Idee Hoffnung, dass wir unser Gesundheitssystem gemeinsam mit den Menschen, die mit einer schweren Erkrankung leben, noch besser machen können. Ich wünsche allen einen langen Atem, die Reformen in diesem Sinne anpacken.
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