Stillstand ist Rückschritt – ein Weckruf

Im Zeitalter der rapiden digitalen Innovation ist es absolut entscheidend jeden Tag am Ball zu bleiben. Jeder Stillstand entwickelt sich wie beim Rudern gegen den Strom sofort in einen Rückschritt. Wir Deutschen stehen in der Technologisierung und Innovation in der Medizin global betrachtet relativ weit hinten. Statt aufzuwachen und uns nach vorne zu entwickeln, kümmert sich Berlin um Cannabis und dysfunktionale, altmodische Ideen wie Gesundheitskioske. Es werden laufend neue Nebelkerzen gezündet und verteilt, um in diesem Nebel von der Nichtbearbeitung akuter Probleme abzulenken. Welch ein Segen doch eine Pandemie in diesem Kontext gewesen sein dürfte, niemand fragte mehr nach Telematik geschweige denn FHIR oder HL7. Die neueste Sau, die durchs Dorf getrieben wird ist das Verbieten von etablierten Standards. Wie ich bereits an dieser Stelle geschrieben hatte muss nichts verboten werden, es muss eine derart attraktive neue Lösung vom Markt akzeptiert werden, die dann andere zu verdrängen in der Lage ist. Doch wo stehen wir wirklich: Große Teile der Deutschen Kliniken sind weder adäquat mit Hardgeschweige denn mit Software ausgestattet, um den Datenfluten des Alltags annähernd gerecht zu werden. Es fehlt an den meisten technischen Grundlagen und selbst die einst geschätzte Papierlosigkeit scheint aus den Augen, die lückenlose digitale Dokumentation ist weitgehend in Vergessenheit geraten. Im Gesundheitswesen gilt schon als digital, wer statt zu faxen ein PDF per E-Mail verschickt. Dennoch werden CDs von A nach B getragen, es wird laufend gefordert und gewünscht. Die Sätze beginnen oft mit „Jemand müsste doch mal....“ Oder „Man könnte doch einfach...“ statt zu sagen: „Wir machen ab sofort folgendes“ oder „Wir haben umgestellt auf ....“Wir Kliniker können es immer wieder unter Staunen betonen, dass wir weder drahtlose Konnektivität noch Tablets im Alltag im Einsatz haben. Ändern tut sich daran nichts. KIS Systeme funktionieren, hunderte Male gepatcht auf den Standards der ausgehenden 90ern. Logisch, wer nach einer GOÄ von 1996 vergütet wird, dem bleibt kein bis wenig Budget für Innovation. Stellen Sie sich, lieber Leser, ein Restaurant vor, welches Ihnen die Speisekarte von heute zu Preisen von 1996 offeriert – dort wird die Dunstabzugshaube kaum von 2024 sein. Dennoch, wir bleiben wie stets in dieser Kolumne, äußerst optimistisch. Die kleinen Player, die innovativen Firmen, sie zeigen es uns, wie es funktioniert. Sie treiben die Innovation voran. Jeden Tag stoße ich voller Begeisterung auf eine neue Lösung, auf ein neues technisches Gadget. Innovation, die einfach funktionert, Technik, die einfach eingesetzt wird. Bleiben wir also alle zusammen mutig, unerschrocken und neugierig. Dann tut sich weiterhin etwas und wir kommen voran. Allen, die wir sprechen, uns austauschen, organisieren, machen und tun, gebe ich immer wieder folgendes Credo mit: Es werden zu viele Wände und zu wenige Brücken gebaut. Es gilt Ängste und Ressentimentsabzubauen und den Experimentiergeist zu stärken, neues zu versuchen und es immer wieder zu wagen. Dann kommen wir voran, dann entwickelt sich etwas.Deutschland, Du Land der Denker und Dichter, Du kannst es. Lassen wir die Faulen und Starren, diejenige, die sich auf Verbote stützen zurück und packen wir es an. Für unsere Patienten, für das Gesundheitssystem und für ein starkes Deutschland in einem starken Europa.

Auf geht’s.

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PD Dr. Dominik Pförringer
Klinikum Rechts der Isar