Zukunftsarchitektur - Healing Architecture im Gesundheitswesen

Seit Jahrzehnten werden Krankenhäuser in Deutschland ähnlich gebaut. Es entstanden hoch technologisierte Funktionsbauten mit großen Foyers und Flurhallen, die meist in Materialität und Farbe im abwechslungsreichen weiß-grau gehalten sind. Alles schön und gut, aber was gibt eine solche Architektur den Nutzer:innen und sieht so die Zukunft der Krankenhausarchitektur aus? 

Sicher nicht! Die Entwicklung der Krankenhäuser ähnelt der Transformation, die wir in den letzten Jahrzehnten in den Arbeitswelten erlebt haben. Statt traditioneller Einzelbüros mit Papierbergen haben Multispace-Arbeitsumgebungen Einzug gehalten. Heutzutage sind diese eine Mischung aus verschiedenen Raumtypen, in denen Activity-Based-Working und Kommunikation im Fokus stehen.

Was hat das nun mit Krankenhäusern zu tun? Erinnern die langen dunklen Flure Sie nicht an die Flure Büros vergangener Zeiten? Als Innenarchitekt:innen müssen wir uns bewusst sein, für wen wir bauen. Neue Stationen in Krankenhäusern lösen die langen Flure auf und bieten sowohl Kommunikationszonen, als auch Rückzugsorte. Durch eine gut durchdachte Struktur können Fachkräfte ihre Arbeit ohne Unterbrechungen erledigen und haben kurze Wege zu den benötigten Räumlichkeiten.

Die Büros der Chefärzte weichen Multispace-Lösungen, in denen alle Ärzte, unabhängig der Hierarchie, auf Augenhöhe miteinander arbeiten und voneinander lernen können. Bereits umgesetzte Konzepte zeigen, dass dadurch die Fehlerquote und Doppel-Untersuchungen reduziert werden und Ärzte eine höhere Zufriedenheit am Arbeitsplatz erfahren. Eine offene Kommunikation fördert Innovationen und den Austausch unter Kolleg:innen. Die Möglichkeit, ohne Hürden am Schreibtisch des Chefarztes vorbeizugehen, um eine kurze Rückfrage zu stellen, erleichtert die Zusammenarbeit.

Um die Kommunikation zu fördern, sollten zentrale Pausenräume abseits der Patientenbereiche geschaffen werden. Dadurch wird sichergestellt, dass Fachkräfte die Station tatsächlich verlassen und eine ungestörte Pause machen können. Der Austausch mit verschiedenen Berufsgruppen, wie Ärzt:innen und Pfleger:innen, trägt ebenfalls dazu bei, Hierarchien abzubauen und den Teamzusammenhalt zu stärken.

Auf der anderen Seite der Arbeitswelt haben wir die Welt der Patient:innen. Auch hier geht es um Selbstbestimmung. Möchte die Patientin sich eher im eigenen Zimmer zurückziehen oder sucht sie den Kontakt mit Gleichgesinnten? Wir dürfen nicht vergessen, dass die Station für eine gewisse Zeit das Zuhause der Patienten darstellt. Sie leben hier und wenn es nur zwei Nächte sind. Dieses sollte Sicherheit bieten und möglichst große Ähnlichkeiten mit gewohnten Umgebungen haben. Patientenküchen in denen am langen Tisch gemeinsam gegessen werden kann, sorgen für Bewegung und holen depressive Patienten aus der Einsamkeit ihres Zimmers. Vernünftige Aufenthaltsräume schaffen ebensolche Möglichkeiten zur Kommunikation und bieten verschiedene Räumlichkeiten für den Patienten, um seinen Tag selbst zu gestalten. Hierzu gehört auch die Transparenz, wann der Patient welche Untersuchung hat oder die Visite vorbeikommt. 

Diese strukturellen Veränderungen sind jedoch nur ein Teil der Transformation. Wir sollten auch die Bedeutung unserer Sinne berücksichtigen. Diese haben einen signifikanten Einfluss auf unsere Psychophysiologie. Erweitern wir die bisher visuelle und taktile innenarchitektonische Planung mit olfaktorischen und auditiven Eigenschaften, können bisher ungenutzte Potenziale entfesselt werden.

Die Krankenhausarchitektur der Zukunft berücksichtigt den Menschen und seine Psychophysiologie. So braucht es nicht nur Antworten darauf, wie wir in Krankenhäusern gesund arbeiten, sondern vielmehr, wie wir in ihnen gesund werden - das ist Healing Architecture. 

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Charleen Grigo
Head of Healing Architecture bkp GmbH